Aus den Schulen: Ein Morgen im neu eröffneten Waldkindergarten der Primarschule Muttenz

22. November 2022

«Siebe chugelrundi Säu …», tönte es von den neun Kindergartenkindern vor dem Gehege von Bertha und Balthasar auf der Rütihard. Die Beiden schlafen aber noch in ihrer Hütte. Die Kinder erzählen mir von den letzten Tagen, als die beiden Säue sich im Schlamm gewälzt hatten. Während dieser lebendigen Erzählung glänzten die Kinderaugen.

Am Morgen traf ich die Waldkindergartenklasse vor dem Hallenbad, Frau Esther Martin hat mich begrüsst und erklärt, dass dies der Besammlungsort der Klasse ist.

Um 8:30 Uhr ging es dann los. Esther Martin und die Praktikantin haben die Klasse im Kreis versammelt. Zunächst wurde ein Begrüssungslied angestimmt und anschliessend wurde ich von der Gruppe begrüsst und aufgenommen. Ich durfte auch noch Bekanntschaft mit Wuschel, dem Eichhörnchen der Gruppe, machen. Nachdem dieses mich auch begrüsst hatte, gingen wir auf unseren Weg in den Waldkindergarten. Sofort erzählten mir die Kinder, was sie in den vergangenen Tagen alles auf dem Weg gesehen hatten.

Der Weg ist das Ziel
Getreu dem Motto «der Weg ist das Ziel» ist der Weg in den Waldkindergarten ein wichtiger Bestandteil dieses Morgens. Auf dem Weg in den Kindergarten werden schon viele Kompetenzen und Ziele erarbeitet. So sind neu Rinder auf der Weide beim Hallenbad. Frau Martin fragte die Klasse am Anfang: «Was sind das für Tiere und wie machen die?« Rasch haben die Kinder die Antwort mithilfe ihrer Lehrerin gefunden. Dann mussten die Rinder auch noch gezählt werden, wir wollten ja wissen, wie viele es waren. Die Kinder hörten fasziniert zu und zählten mit Freude mit.

Nachdem wir den Weg zum Start des Vitaparcours hochgelaufen waren, ging es weiter in Richtung Waldkindergarten. Hier oben hat es Holzbalken vom Vitaparcours. Die Kinder wollten mir sofort zeigen, dass sie bereits darüber balancieren können und viele konnten es auch schon. Frau Martin erklärte mir, dass dies vor ein paar Wochen noch nicht so war. Aber die Kinder übten dies immer beim Hochgehen, sodass es nun bei den meisten schon funktioniert.

Später hielten wir auf dem Weg an. Frau Martin repetierte mit den Kindern verschiedene Informationen zum Igel. So mussten sie überlegen, zu welcher Tageszeit der Igel aktiv ist und mussten das Wort «nachtaktiv» auch aussprechen üben. Kurze Zeit später wurden die Kinder gefragt, wie viele Stacheln der Igel hat. Auch hier kamen die Antworten blitzschnell. Dann ging es weiter die Treppen hoch auf die Rütihard. In der Hälfte machten wir aber nochmals Pause und es gab wieder eine Frage zum Igel. Als wir dann oben ankamen, machten wir eine kurze Trinkpause und ich erfuhr, dass die Kinder hier normalerweise einen Tisch hatten bei der Feuerstelle. Leider wurde dieser in jüngster Vergangenheit angezündet.

Nach dieser kurzen Pause ging es dann zu einem Baum, diesen haben wir begrüsst und besungen. Nun kam ein grosser Höhepunkt des Weges, die Kühe und Säue auf der Rütihard. Die Kinder beobachten sie jeden Tag und konnten mir ganz viele spannende Informationen dazu erzählen. Nach dem Stopp bei den Tieren ging es dann direkt zum Waldkindergarten.


Der Waldkindergarten: ein herrlicher Platz zum Lernen und Kind sein
Ein wenig abseits des grossen Waldwegs liegt das Waldnest des Kindergartens. Es ist der zentrale Ort für die Kinder. Hier werden die Kreisaktivitäten durchgeführt. Nach dem anstrengenden Aufstieg durften zwei Kinder mit der Praktikantin das Znüni vorbereiten und die anderen gingen mit Frau Martin in das Waldnest. Sie erklärten mir, dass jedes Kind ein Holzrugeli als Stuhl und einen eigenen Hacken am Rand des Kreises für seinen Rucksack hat. Das Waldnest ist ein Kreis, welcher eine Aussenwand aus Ästen hat. Neben dem Waldnest steht die Feuerschale, in welcher die Kinder am Dienstag immer Mittagessen kochen. Wir setzten uns, sangen ein paar Lieder und dann gab es auch schon Znüni. Die hungrigen Kinder packten ihre Teller aus und es wurde gemeinsam gegessen.

Der Wald als Lernort
Danach ging es noch ein wenig weiter in den Wald hinein. Auf einer kleinen Fläche mit vielen Bäumen und Sträuchern verbringen die Kinder ihre Freispielzeit. Freispiel im Waldkindergarten bedeutet, dass die Kinder gemeinsam mit dem Material, welches Sie um sich herumhaben, spielen dürfen. Zusätzlich gibt es manchmal noch sogenanntes Impulsmaterial, heute waren es Seile.

Wie selbstverständlich sprachen sich die Kinder ab, dass sie einen Baum herumziehen wollten. Sie befestigten die Seile mit Knoten an einem umgefallenen Baum und begannen gemeinsam diesen zu ziehen. Es war faszinierend zu sehen, wie die Kinder nur mit Seilen und einem Baum eine solch tolle Idee hatten. So lernten sie, wie man gemeinsam ein Ziel erreicht, wie man Knoten macht und wo man am besten Seile anbringt, um einen Baum zu ziehen. Das Schöne war, dass alle Kinder immer etwas zu tun wussten und die unterschiedlichen Objekte im Wald nutzten für Spiele.

Ein schöner erlebnisreicher Morgen geht zu Ende
Um 11:10 Uhr rief Frau Martin die Kinder wieder im Waldnest zusammen für die Märchenzeit. Die Kinder und ich hörten ganz gespannt zu und waren von der hervorragenden Erzählung komplett in den Bann gezogen. Nach der Geschichte mussten wir das Waldnest aufräumen und alles in den Bunker bringen. Der Waldkindergarten darf einen alten Bunker nutzen, dieser dient nun als Aufbewahrungsraum für Material und falls es mal sehr stark regnet als Unterstand. Wenn das Wetter gar nicht mitmacht, kann der Waldkindergarten auch in einen Kindergartenraum im Kornackerkindergarten. Nachdem alles aufgeräumt und abgeschlossen war, machten wir uns wieder auf den Rückweg. Wir erreichten um ca. 12:00 Uhr das Hallenbad, wo die Eltern ihre Kinder wieder abholten.
Für mich war es ein sehr erlebnisreicher Morgen und ich fand es schön zu sehen, mit wie viel Herzblut das Waldkindergartenteam (Esteher Martin, Tanja Wulfers und ihre Praktikantin) hier den Waldkindergarten führen. Als ich mich verabschiedete, dachte ich nur: «Hier wäre ich als Kind auch sehr gerne in den Kindergarten gegangen.»

Severin Hess, Primarschulrat Muttenz

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