Neophyten in Muttenz und der heimliche Bezwinger des drüsigen Springkrautes

16. August 2010
Auch wenn es sich nur um Wenige handelt, sind ihre Auswirkungen dennoch nicht zu unterschätzen. Sie können ganze Landstriche nachhaltig zerstören, verdrängen unsere einheimischen Arten, kosten uns jährlich Millionen und können gesundheitliche Schäden verursachen. Die Rede ist von konkurrenzstarken, ortsfremden Pflanzen – den sogenannten invasiven Neophyten.

Seit einem Jahr hat ein unermüdlicher Bürger der Gemeinde Muttenz auf Eigeninitiative einem dieser invasiven Neophyten, dem drüsigen Springkraut oder in der Fachsprache Impatiens glandulifera genannt, den Kampf angesagt. Zwar ist diese Pflanze nicht gesundheitsschädigend, kann aber indirekt zur Bodenzerstörung beitragen. Ramon Müller, Praktikant in der Abteilung Umwelt traf den ehrenamtlichen Helfer Herr Walter Lenz zum Interview.

Herr Lenz, sehe ich das richtig, dass Sie gerade von der Arbeit kommen?
Walter Lenz: So ähnlich. Ich habe heute Morgen noch schnell einen Rundgang durch den Muttenzer Wald gemacht. Es ist äusserst wichtig, dass ich meine von Springkraut befreiten Flächen nachkontrolliere. Dieses Kraut ist derart wachstumsfreudig, dass innert Tagen neue Pflanzen spriessen können.

Demzufolge machen Sie dies jede Woche?
Lenz: Einmal in der Woche würde bei weitem nicht ausreichen. Jeden Tag gehe ich in den Wald und mache mindestens einen Kontrollrundgang nebst der allgemeinen Bekämpfung. Aber meistens bleibt es nicht bei diesem einen. Da komme ich schnell einmal in einer Woche auf 25 Arbeitsstunden und Tendenz steigend. Sie müssen wissen, dass in diesem Moment viele dieser Pflanzen zu blühen beginnen und ab diesem Zeitpunkt muss die Pflanze spätestens ausgerissen werden, bis zum Versamen dauert es dann nur noch wenige Wochen. Nur so lässt sich die Samenbildung vermeiden.

Dies ist also eine Möglichkeit, die Zahl der Springkrautpopulationen drastisch zu minimieren?
Lenz: Ja, aber nur fürs Erste. Die Samen stellen das grösste Problem dar. Eine Pflanze kann bis zu 2'000 davon produzieren, welche mehrheitlich bis zu 6 Jahre im Boden überdauern können. Wird ein Exemplar ausgerissen, befinden sich in der Erde oft noch keimfähige Samen und das Problem keimt von Neuem. Darüber hinaus hat die Pflanze eine Art Schleudermechanismus entwickelt, bei dem die Samen grosse Distanzen zurücklegen können. Das vergrössert ihr Verbreitungsgebiet natürlich immens.

Wäre eine Mähmaschine nicht eine grosse Erleichterung?
Lenz: Kaum. Wenn eine Springkrautpflanze zurückgeschnitten wird, kann sie sich innert kürzester Zeit problemlos regenerieren, kräftiger austreiben und noch mehr Samen produzieren. Mit einer Mähmaschine hätte ich zusätzlich das Problem, dass auch einheimische Arten darunter leiden könnten. Ich versuche zudem bei der Bekämpfung möglichst wenige dieser Pflanzen zu zertreten. Denn sobald die Wurzeln nicht mehr intakt mit dem Stängel verbunden sind, kann die Pflanze an bestimmten Teilen des Stängels neue sekundäre Wurzeln bilden und so wieder gedeihen.

Können Sie denn schon erste Erfolge verzeichnen?
Lenz zeigt seine Karten von Muttenz: Grün-markierte Flächen sind noch springkrautfrei. Rot bedeut, dass sich an diesem Ort Populationen befinden und blaue Flächen konnten bis heute erfolgreich saniert werden. Dies ist aber erst etwa ein Drittel der gesamten roten Fläche! Sobald aber ein neuer Samen durch Mensch oder Tier den Weg auf solch eine Fläche findet, beginnt der Kreis wieder von Neuem.

Was im Klartext heisst, dass Ihre Arbeit nur mit einem Samenkorn zunichte gemacht werden kann.
Lenz lacht: Das kann durchaus passieren. Aber wissen Sie, alle reden immer davon, dass etwas gemacht werden muss und ich bin halt jetzt einer der Ersten, der die Sache in die Hand nimmt. Für mich sind dies auch keine Misserfolge, sondern ich betrachte es als neue Herausforderungen, die mich meinem Ziel, Muttenz in ein paar Jahren springkrautfrei zu halten, etwas näher bringen.

Haben Sie bei dieser doch anstrengenden Arbeit wenigstens fremde Hilfe?
Lenz: Meine Frau ist für mich auf ebenen Geländen eine grosse Hilfe. Doch leider ist die Mehrheit des Geländes nicht so einfach zu begehen. Da greifen mir aber ein guter Freund und ein Nachbar ab und zu unter die Arme.

Würden Sie denn keine weitere Unterstützung wünschen?
Lenz: Doch sehr! Vor allem, da bei diesem warmen, feuchten Wetter, die Springkräuter nur so aus dem Boden schiessen. Falls sich auf diesem Weg weitere Personen finden lassen, wäre das natürlich phänomenal.

Was würden Sie denn an einem Helfer besonders schätzen?
Lenz: Schön wäre es, wenn sich jemand meldet, der wie ich pensioniert ist. Aber ich würde mich genauso über eine junge, dynamische Persönlichkeit freuen, welche mir zur Hand ginge.

Mit verstärkter Hilfe an Ihrer Seite wäre Muttenz sicher eher vom drüsigen Springkraut befreit.
Lenz: Ja, aber Muttenz ist nicht die einzige Gemeinde ist, die mit solchen invasiven Neophyten zu kämpfen hat. Pflanzen kennen keine politischen Grenzen und daher wäre es erstrebenswert, wenn diese Aufgabe nicht nur individuell und kommunal, sondern auch regional angepackt würde.

Das kantonale Sicherheitsinspektorat hat zwei Broschüren zur Erkennung und Umgang mit invasiven Neophyten verfasst. Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.baselland.ch/Sicherheitsinspektorat.275004.0.html


Möchten Sie sich auch an der Neophytenbekämpfung beteiligen und so etwas Gutes für den Erhalt der einheimischen Flora und die Biodiversität tun oder haben Sie weitere Fragen, dann können sich direkt bei Walter Lenz unter walter.lenz@vtxmail.ch oder bei der Abteilung Umwelt unter 061 466 62 74/76 melden.


Walter Lenz nach getaner Arbeit --- Das drüsige Springkraut in Blüte
Walter Lenz nach getaner Arbeit --- Das drüsige Springkraut in Blüte