Hinter den Kulissen der Museen Muttenz: Weihnachtsfenster im Bauernhausmuseum
Die Muttenzer Kleinbauern, wie sie z.B. in der Liegenschaft Oberdorf 4 gewohnt haben, waren nicht auf Rosen gebettet. Die Familien waren meist kinderreich und mussten sich als Selbstversorger mit grösster Sparsamkeit über die Runden bringen. So war es üblich, dass man sich zu Weihnachten - wenn überhaupt - nützliche Sachen schenkte. Luxusartikel konnte man sich nicht leisten. So wurden vor allem Textilien geschenkt, wie handgestrickte Strümpfe und Mützen, oder selbstgenähte Jacken, Nachthemden und Schürzen. Meistens dienten bereits getragene Kleidungsstücke als Ausgangsmaterial. Sie wurden aufgetrennt und die guten Stücke neu verarbeitet. Dies war noch bis weit über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus so üblich.
Einige solcher Textilien, die vielleicht zu Weihnachten verschenkt worden waren, werden in diesem Jahr die eine Hälfte unseres Weihnachtsfensters schmücken. Sie alle stammen aus Muttenzer Haushaltungen. Die Namen der Trägerinnen sind meistens überliefert, nur selten jedoch die Namen der Näherinnen.
Dass aber in unserem Dorf Luxustextilien angefertigt wurden, zeigt die andere Hälfte unseres Weihnachtsfensters. Hier sind Textilien "Made in Muttenz" ausgestellt, von welchen allerdings die meisten Muttenzer Frauen nur träumen konnten: Unterwäsche, Nachthemden und Kinderkleidchen, aus Seide und feinstem Batist von Hand genäht, mit unzähligen Biesen (Fältchen), Rüschen und Spitzen geschmückt. Solche kostbaren Kleidungsstücke fanden bei Familien aus bester Gesellschaft Absatz, vor allem in Fabrikantenfamilien in Basel und im angrenzenden Ausland. Hergestellt wurden sie im Weissnähereigeschäft von Marie Schweizer-Lavater.
Marie Schweizer-Lavater (1885-1965), wurde in Muttenz geboren und genoss in verschiedenen Ateliers in Basel eine mehrjährige Ausbildung als Weissnäherin. Mit etwa 22 Jahren wagte sie es, zusammen mit ihrer Schwester Elise in Muttenz ein eigenes Weissnäherei-Geschäft zu eröffnen. Nach deren Heirat führte sie viele Jahre das Atelier mit mehreren Angestellten alleine weiter und bildete über 20 Lehrtöchter aus. Marie Schweizer-Lavater und ihre Näherinnen wurden durch ihre gewissenhafte, qualitätvolle und kreative Arbeitsweise weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Regelmässig wurden die Wäschekollektionen an Messen ausgestellt und mehrere Male gar in höchsten Gesellschaftskreisen vorgeführt. Dies ist beispielsweise durch ein Dankesschreiben der griechischen Prinzessin Vera Ypsilanti aus dem Jahr 1919 belegt.
Die kostbaren Wäschestücke, die in unserem Weihnachtsfenster ausgestellt sein werden, stellt uns grosszügigerweise Frau Elisabeth Schweizer zur Verfügung. Sie, die Tochter von Marie Schweizer-Lavater, ist noch im Besitz vieler Nähutensilien und Musterkollektionen aus dem Atelier ihrer Mutter. Ihre eleganten Modelle für die anspruchsvolle Damenwelt bilden einen reizvollen Kontrast zu den einfacheren Textilien, welche Madeleine Girard aus unserer Muttenzer Museumssammlung zusammengestellt hat. Frau Girard ist Spezialistin für Textilien und Seidenbänder im Museum.BL. Sie hat zusammen mit einer Fachkollegin in den vergangenen 3 Jahren mehrere hundert Textilobjekte für die Arbeitsgruppe Museen fachgerecht inventarisiert und beschrieben.
Kommen Sie doch auch zur Eröffnung unseres Weihnachtsfensters im Oberdorf 4, am Dienstag, den 16. Dezember, ab 18.00 Uhr.
Zugehörige Objekte
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