Bestnoten für die Muttenzer Trinkwasseraufbereitung

24. März 2023

Sauberes Trinkwasser ist eine unentbehrliche Lebensgrundlage. Wir brauchen es täglich, in ausreichender Menge und bester Qualität. Entsprechend hoch definiert das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) die gesetzlichen Anforderungen an seine chemische und mikrobiologische Beschaffenheit. Um den Konsumentinnen und Konsumenten auch künftig eine sehr gute Trinkwasserqualität bieten zu können, nahmen die regionalen Trinkwasserproduzentinnen IWB, Hardwasser AG und Wasserversorgung Muttenz zusammen mit der Hochschule für Life Sciences der FHNW Muttenz dafür erstmals ab Sommer 2020 eine gemeinsame wissenschaftliche Auswertung von Wasseranalysedaten vor.
TWA Obere Hard

Für die Gemeinde Muttenz bot die Auswertung Gelegenheit, die erzielten Werte wiederholt stufenbezogen zu überprüfen und erstmals mit den Verfahren der anderen Produzentinnen zu vergleichen. Für IWB und die Hardwasser AG wiederum war sie von Interesse, weil sie aus den Vergleichen mit der mehrstufigen Aufbereitung in einem folgenden Schritt Schlüsse für den Unterhalt oder die Weiterentwicklung ihrer eigenen Aufbereitungsanlagen ziehen können.

Vergleichbare Herausforderungen
Die Herausforderungen im Umgang mit bekannten und neu in den Fokus rückenden Spurenstoffen im dicht besiedelten sowie industriell und landwirtschaftlich stark genutzten Einzugsgebiet sind für alle drei Trinkwasserproduzentinnen gleich gross. Zumal sie neben der Qualität des Grundwassers auch von derjenigen des Rheins und seiner vielen Zuflüssen abhängig sind. Die Wasserversorgung Muttenz fördert in Kooperation mit der Hardwasser AG rund 80 Prozent ihres Rohwassers mittels Grundwasseranreicherung über die natürlichen Filter- und Reinigungsfunktionen mit Rheinwasser im weitläufigen Waldgebiet zwischen dem Rhein, der Industrie Schweizerhalle und dem Auhafen sowie dem Rangierbahnhof und der Autobahn A2/A3.

Während IWB und die Hardwasser AG auf bewährte und weit verbreitete Verfahren setzen, die über eine Aktivkohlefiltration aus dem angereicherten Grundwasser unerwünschte organische Stoffe adsorbieren und dank einer Desinfektion durch UV-Licht Mikroorganismen daraus eliminieren, setzte die Gemeinde Muttenz bereits seit 2017 mit der TWA Obere Hard auf einen in dieser Zusammensetzung neuartigen, mehrstufigen Prozess. Dies nicht zuletzt als vorausschauende Massnahme mit Blick auf die bestehenden Risiken im Umfeld des Hardwalds und der Abhängigkeit von der unabwägbaren Rheinwasserqualität.

Multibarrierensystem in der Trinkwasseraufbereitungsanlage Muttenz
Die TWA Obere Hard basiert im Wesentlichen auf einem dreistufigen Aufbereitungsverfahren dem so genannten Multibarrierensystem. In der ersten Aufbereitungsstufe (Oxidation) wird das aus den Tiefen gepumpte Grundwasser mit dem Reaktionsprodukt aus Ozon (O3) und Wasserstoffperoxid (H2O2) angereichert. Durch eine chemische Reaktion spaltet es die Spurenstoffe auf.

In der zweiten Aufbereitungsstufe (Adsorption) gelangt das Wasser in Kontakt mit Pulveraktivkohle (PAK). Hier setzen sich an ihrer äusserst porösen und deshalb grossflächigen Oberflächenstruktur der PAK viele spezifische Spurenstoffe und auch die in der ersten Stufe aufgespaltenen Spurenstoffe fest.

Abgeschlossen wird die Trinkwasseraufbereitung in der dritten Aufbereitungsstufe (Ultrafiltration) über ein Membranfilterverfahren zur Abtrennung der PAK sowie von Viren und Bakterien. Dafür kommen spezielle Druckmembranen in Form von porösen Hohlfasern zur Anwendung.

Erkenntnisse in zwei Schritten
Im Rahmen der gemeinsamen Analyse werteten die Expertinnen und Experten in einem ersten Schritt alle in der TWA Obere Hard regulär erhobenen Wasserqualitätsdaten aus den Jahren 2019 bis 2021 aus. Bereits diese Ergebnisse bestätigten, dass das Trinkwasser stets sämtlichen gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat und die verlangten Qualitätsstandards bei weitem erfüllt.

Um die Eliminationsleistungen der Mikroverunreinigungen besser mit denjenigen von IWB und der Hardwasser AG vergleichen zu können, folgte durch das IWB Wasserlabor in einem zweiten Schritt eine zusätzliche Probenahme- und Analysekampagne analog dem Routine-Analyseprogramm von IWB und der Hardwasser AG. Die Expertinnen und Experten analysierten dafür Proben, die sie zuvor an zwei bestimmten Zeitpunkten im Herbst 2021 in allen drei Aufbereitungsanlagen gleichzeitig entnommen hatten.

Auch der zweite Analyseschritt mit den Daten vom Herbst 2021 bestätigte, dass die hoch gesteckten Ziele an die eigene Trinkwasserqualität in allen drei Anlagen erreicht wurden. Alle drei Anlagen eliminierten einen Grossteil der rund 2'000 gemessenen Spurenstoffe. Darüber hinaus belegen die Ergebnisse auch das, was sich die Gemeinde Muttenz mit dem Bau der TWA Obere Hard versprochen hatte: Sie weist ein breiteres Entfernungsspektrum und eine höhere Entfernungsleistung von Spurenstoffen auf als die Anlagen von IWB und der Hardwasser AG.

Sehr effiziente Pulveraktivkohle
Als besonders effizient erwies sich in Muttenz die zweite Aufbereitungsstufe mit der PAK. Sie eliminierte mehrere Spurenstoffklassen wie z.B. Chlorothalonil-Metaboliten sogar bis unter die analytische Bestimmungsgrenze. Hier ergeben sich für die Expertinnen und Experten auch die grössten Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung der gesamten Anlage. Während in der ersten Stufe (Oxidation) das Ozon und das Wasserstoffperoxid bereits automatisch sehr präzise dosiert wird, kann in der Adsorptionsstufe ein noch effizienterer Einsatz der sehr leistungsstarken Pulveraktivkohle angestrebt werden.

Zusammenarbeit weiterführen
Die für alle Beteiligten wertvolle Zusammenarbeit war ein erster Schritt zu weiteren Kooperationsmöglichkeiten mit dem Ziel von IWB, Hardwasser AG und der Wasserversorgung Muttenz, dass sie ihre jeweiligen Prozesse hinsichtlich der Leistung, der Wirtschaftlichkeit und der Nachhaltigkeit auf möglichst breiter Erkenntnisgrundlage weiterentwickeln können.

In Zukunft werden durch die Weiterentwicklung der analytischen Methoden vermutlich noch viele weitere Spurenstoffe und insbesondere tiefere Konzentrationsbereiche erfassbar sein. Deren Wirkung auf Mensch und Umwelt ist bei vielen chemischen Substanzen noch unbekannt und human- und ökotoxisch negative Effekte sind nie ganz auszuschliessen. Eine Entwicklung, auf welche die Gemeinde Muttenz mit ihrer guten Aufbereitungsmethode und deren stetiger Weiterentwicklung optimal vorbereitet ist.


Interview Gemeinderat Joachim Hausammann:
Die Entfernungsleistung von Spurenstoffen bei der Trinkwasseraufbereitung Muttenz weist durchwegs tadellose Ergebnisse auf – auch im Vergleich zu den anderen Aufbereitungsanlagen von IWB und Hardwasser AG. Joachim Hausamman, waren Sie und der Gemeinderat überrascht, ob diesen guten Resultaten?

Mich haben die Resultate der Analyse natürlich sehr gefreut, aber überrascht war ich nicht. Es hat aufgezeigt, dass sich der Mut und der Pioniergeist des Gemeinderats und auch der Muttenzer Bevölkerung, dieses innovative Projekt in den letzten Jahren voranzutreiben und zu unterstützen, durchwegs gelohnt hat. Genügend sauberes Trinkwasser der Bevölkerung rund um die Uhr zur Verfügung zu stellen, in dieser hohen Qualität, lässt mich als zuständigen Gemeinderat und die verantwortlichen Mitarbeitenden der Wasserversorgung gut schlafen.

Nicht jede Gemeinde verfügt über eine eigenständige Wasserversorgung wie Muttenz. Was für Vorteile ergeben sich daraus?
Dass wir als Gemeinde über eine eigenständige Trinkwasserversorgung verfügen, trägt zu einer grossen Versorgungssicherheit bei. Muttenz hat sich entschieden, das Vorsorgeprinzip der Lebensmittelgesetzgebung ernst zu nehmen und bezüglich Qualität und Sicherheit keine Kompromisse zu machen. Als Konsequenz daraus betreiben wir in Muttenz seit 2017 die komplexe TWA Obere Hard. Dass diese Entscheidung die richtige war, zeigen die schweizweit geführten Diskussionen um unerwünschte Pestizide im Trinkwasser. Die seit 2019 systematisch betriebenen chemisch-analytischen Überwachungen der Wasserqualität verdeutlichen, dass die TWA sehr wirkungsvoll funktioniert.

Somit hat die Gemeinde Muttenz vieles richtig gemacht?
Ja, das kann mit Sicherheit so gesagt werden. An dieser Stelle gebührt auch den Mitarbeitenden der Wasserversorgung und der Verwaltung ein grosser Dank. Durchschnittlich 14 Millionen Liter Roh- und Trinkwasser werden täglich gefördert und bezogen. Das Wasser wird bedarfsgerecht aufbereitet, in den Reservoirs gespeichert und an die Haushalte, das Gewerbe und die Industrie verteilt. Ein sehr grosser Aufwand, der mit sorgfältiger Arbeit verbunden ist. Das alles passiert im Verborgenen.

Die Zusammenarbeit mit IWB und Hardwasser AG war ein erster Schritt für weitere Kooperationsmöglichkeiten in der Trinkwasserversorgung. Wie geht es nun weiter?
Vor allem die Weiterentwicklung der analytischen Methoden steht in der Zusammenarbeit nach wie vor im Zentrum. Wir alle können nur davon profitieren, wenn das Wissen und auch die dafür nötigen Ressourcen untereinander geteilt werden. Schlussendlich profitiert die gesamte Region von dieser Zusammenarbeit.

Was zeichnet für Sie persönlich die Trinkwasserversorgung in Muttenz besonders aus?
Neben dem dreistufigen Aufbereitungsverfahren, das während der Pilotierungsphase in der Fachwelt durchaus einem gewissen Gegenwind ausgesetzt war, sticht der architektonisch aussergewöhnliche Bau TWA Obere Hard heraus. Mit diesem Bauwerk schufen die Architekten einen so genannten «Landmark» für Muttenz. Einem derart wichtigen Infrastruktur-Bauwerk wurde die angemessene Form verliehen. Für mich persönlich ist die Trinkwasseraufbereitung Muttenz eine Art Gesamtkunstwerk, auf das wir mit Recht stolz sein können und weiterhin Sorge tragen müssen.

 

Sie alle versorgen Muttenz rund um die Uhr mit Trinkwasser
Mathias Jeger ist seit Februar 2021 als Ressortleiter Wasserversorgung in Muttenz tätig und damit Brunnenmeister der Gemeinde. Zusammen mit einem 5-köpfigen Team ist er für die gesamte Trinkwasserversorgung zuständig. Sowohl die Haushaltungen als auch die Industrie- und Gewerbebetriebe werden rund um die Uhr mit sauberem Trinkwasser versorgt. Auch werden die zahlreichen Dorfbrunnen in Muttenz mit Trinkwasser gespiesen. Mathias Jeger kümmert sich in erster Linie um die administrativen Arbeiten und ist für die Planung der Projekte zuständig. Seine Kollegen kümmern sich um den Unterhalt, den Betrieb und die Qualitätskontrolle der Brunnen, Quellen, Pumpwerke und Reservoire. Auch sind sie für den Neu- und Umbau sowie die Reparatur des Leitungsnetzes, der Hydranten und Hausanschlüsse zuständig sowie für die Installation, den Unterhalt und die Ablesung der Wassermesser.

 

Team Wasserversorgung Muttenz: v.l.n.r. Christian Walther, Matthias Jeger, Elia Plos, Manuel Hummel, Pascal Fischer und Peter Schöpfer
Team Wasserversorgung Muttenz: v.l.n.r. Christian Walther, Matthias Jeger, Elia Plos, Manuel Hummel, Pascal Fischer und Peter Schöpfer
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