Muttenz unterstützt die Schutzbedürftigen aus der Ukraine

21. März 2022

Die Schweiz bereitet sich derzeit auf die Ankunft einer grossen Anzahl von Geflüchteten aus der Ukraine vor. Der Bundesrat geht davon aus, dass in den kommenden Wochen und Monaten bis zu 50'000 Personen in der Schweiz um Schutz ersuchen könnten.

Gemäss Beschluss des Bundesrates vom 11. März 2022 erhalten Geflüchtete aus der Ukraine in der Schweiz den Schutzstatus S. Dieser erlaubt eine rasche und unbürokratische Aufnahme der Schutzbedürftigen aus der Ukraine ohne Durchführung eines ordentlichen Asylverfahrens. Neben dem Aufenthaltsrecht erhalten die vorläufig aufgenommenen Personen Anspruch auf Unterbringung, Unterstützung und medizinische Versorgung. Kinder im schulpflichtigen Alter haben das Recht und die Pflicht, die Schule zu besuchen. Auch können Personen mit Schutzstatus S ohne Wartefrist einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Der Schutzstatus S ist auf höchstens ein Jahr befristet und bis maximal fünf Jahre verlängerbar.

Aktuell müssen sich Kantone und Gemeinden darauf vorbereiten, geflüchtete Personen aufzunehmen. Der verantwortliche Gemeinderat für Soziales und Gesundheit, Roger Boerlin, erläutert im Folgenden die aktuelle Situation in Muttenz und was in den kommenden Tagen und Wochen auf die Gemeinde und die Bevölkerung zukommen wird.


Roger Boerlin, täglich erhöht sich die Anzahl Flüchtender aus der Ukraine in der Schweiz und in der Region, vor allem Frauen und Kinder suchen Schutz. Wie stellt sich die Lage momentan in Muttenz dar?
Rund 40 Geflüchtete sind bei uns in Muttenz bis Ende letzter Woche bereits privat untergekommen, die Unterstützung in der Bevölkerung ist gross. Da in Muttenz bis 2019 ein Bundesasylzentrum stand, wäre die Gemeinde streng genommen nicht verpflichtet, ukrainische Geflüchtete aufzunehmen. Wir sehen es gleichwohl als unsere Aufgabe, Hand zu bieten, die Schutzbedürftigen und auch ihre Gastfamilien wo immer es möglich ist, zu unterstützen.

Was macht die Gemeinde Muttenz konkret und wie sieht die Unterstützung aus?
Gefordert sind zurzeit in erster Linie die Asylbetreuung der Gemeinde Muttenz und auch die Schulen. Neben dem Abschliessen von Kranken- und Haftpflichtversicherungen für die Geflüchteten, welche bereits registriert sind und den Schutzstatus S erhalten haben, steht auch die möglichst rasche Einschulung der Kinder und Jugendlichen an. Thomas Haug, Verantwortlicher der Asylbetreuung, stemmt mit seinem Team die zusätzliche Arbeit und leistet gerade Ausserordentliches wie natürlich auch die Schulleitungen in den Schulen.

Am letzten Mittwoch hat zudem ein runder Tisch stattgefunden mit Vertreterinnen und Vertretern aus den verschiedenen Kirchengemeinden, Behörden, Vereinen und KMU. Man möchte gemeinsam Wege finden, die geflüchteten Menschen und auch ihre Gastfamilien besser zu unterstützen. Viele haben Traumatisches erlebt. Neben der raschen Einschulung der Kinder ist eine möglichst niederschwellige Verfügungstellung von Freizeit- und Sportangeboten ein wichtiger Punkt. Auch die Vernetzung der Ukrainerinnen und Ukrainer untereinander sowie genügend Angebote für psychologische Begleitung und Betreuung sind äusserst wichtig.

Immer wieder hört man den Vorwurf der Ungleichbehandlung gegenüber Schutzsuchenden aus anderen Ländern. Ist dieser gerechtfertigt?
Meiner Meinung nach ist dieser Vorwurf nicht gerechtfertigt. Bereits 2015 bei der letzten grossen Flüchtlingskrise spürte ich eine grosse Unterstützung in der Muttenzer Bevölkerung. Auch zu jener Zeit wurde den syrischen Flüchtlingen aus der Zivilgesellschaft aber auch aus der Wirtschaft viel Sympathie und Unterstützung entgegengebracht. So ist daraus beispielsweise der Dachverband «zRächtCho NWCH» entstanden mit Sitz in Pratteln, welcher die soziale und wirtschaftliche Integration von Flüchtlingen fördert. Nicht wenige junge syrische Flüchtlinge haben mittlerweile einen Lehrabschluss in der Tasche.

Was sind momentan die grössten Herausforderungen?
Die sprachliche Barriere ist sehr gross. Viele Schutzsuchende sprechen weder Deutsch noch Englisch. Auch sind die persönlichen Dokumente in kyrillischer Schrift verfasst, was die Sache nicht einfacher macht. Es braucht vor allem Dolmetscher und auch Fachpersonen, die der Ukrainischen oder auch Russischen Sprache mächtig sind. Und natürlich braucht es auch Geld, um gewisse Angebote finanzieren zu können. Hier sind wir im Austausch mit den Kirchgemeinden und anderen Organisationen, die dazu Hand bieten können. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam und möglichst vernetzt die schwierige Situation in den kommenden Wochen und Monate angehen können.

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