Hinter den Kulissen der Museen Muttenz: Die Bauernhaus-Stube wird umgebaut

9. November 2016
Barbara Rebmann
Wie jedes Jahr nach dem Arbeitstag und dem letzten Museumssonntag im Oktober beginnt die Arbeitsgruppe Museen (AGM) das Bauernhausmuseum einzuwintern, denn in den kalten Monaten dürfen keine Besuche und Führungen mehr stattfinden. Die warmfeuchte Atemluft der Gäste, sowie feuchte Kleidung und nasse Regenschirme würden die Luftfeuchtigkeit in den geschlossenen und ungeheizten Wohnräumen so sehr anheben, dass bis zum Frühling Schimmel droht. Trotzdem werden wir auch in diesem Jahr das Weihnachtsfenster öffnen und ein weiteres Thema aus der Vielfalt unserer Sammlungen zeigen. Dazu wird die gute Stube des Bauernhauses geräumt und weiterhin geheizt, in den Depots werden Objekte begutachtet und Gestaltungsideen entwickelt. Was möglicherweise noch an passender Möblierung oder nötigem Dekomaterial fehlt, findet sich dann sicher im privaten Fundus eines der AGM-Mitglieder.

Ausnahmsweise hatten wir dieses Jahr das Thema schon früh im Sommer bestimmt ohne innerhalb unserer registrierten fast 4‘800 kulturhistorischen Inventarnummern suchen zu müssen. Nach dem Ausräumen der alten Vitrinen im Ortsmuseum und beim systematischen Versorgen der themengleichen Sammlungsstücke im Depot drängten sich nämlich dekorative und vielfältige Objekte auf. Ganze zweieinhalb Abteile eines Verschiebewagens sind gefüllt mit Waagen aller Art. Was von der Grösse her nicht in den Regalen Platz fand, steht im Depot Geispel bei den grossen Objekten. Das überwältigende Resultat einer Datenbank-Abfrage zeigte, dass wir aktuell im Besitz von 67 inventarisierten Waagen sind und ein paar wenige noch auf ihre Registrierung warten. Auf die darauf im Raum stehende Frage gab es nur eine Antwort: „Wir Waagen es“. Beim genaueren Hinsehen erstaunte uns, dass tatsächlich keines unserer Modelle doppelt vorhanden ist. Es gibt immer wieder abweichende Details an den Zifferblättern oder an den Verzierungen - insgesamt eine wunderbare Vielfalt. Die Firmenstempel zeigen auf, dass die Waagen damals in ganz Europa produziert und in die Schweiz importiert wurden.

Einen grossen Anteil machen natürlich die Küchen- und Haushaltwaagen aus. In den „Handlungen“, wie die Spezereiläden mit dem grossen Haushaltsortiment oft benannt wurden, nutzte man sogenannte Krämerwaagen, um die gekauften Waren abzumessen. Hier ging es je nach Produkt um wenige Gramm, aber auch um Kilos. Dann standen natürlich die genauesten und feinsten Balkenwaagen beim Apotheker, der damit für seine Arzneien die Zutaten aufs Gramm abwägen musste. Natürlich sind hier dann auch die Grössen der beiden Waagschalen und die dazugehörenden Gewichtssteine entsprechend klein. Ebenfalls im feinen Bereich gab es dann auf der Post die filigranen Briefwaagen mit denen die Portogebühren der Briefe berechnet wurden. Für grosse Gewichte bestimmt, aber trotzdem in der Hosentasche transportierbar, waren dann die Federwaagen. An den verschiedenen Haken konnte man die Ware im Korb oder im Sack aufhängen.

Schalenwaagen, mit den bekannten grossen Gewichten, wurden dann beispielsweise auf dem Markt benutzt, um Kartoffeln oder Äpfel abzuwägen und sie dann ohne Verpackung direkt in den Korb der Käuferin zu kippen. Grosse Dezimalwaagen standen vorwiegend im Gewerbe oder auf Bauernhöfen, wo Mengen im Bereich von 100 kg und mehr abgewogen wurden.

Nicht zu vergessen sind auch die beiden Körperwaagen unserer Sammlung. Zum einen ist es eine Babywaage und zum anderen ist es die für zu üppige Leibesfülle gedachte Personenwaage. Diese sieht eigentlich aus wie eine Küchenwaage aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, hat aber ein äusserst stabiles Gehäuse. Ein witziges Detail daran sind die seitenverkehrten Zahlen und der herunterklappbare Spiegel vor dem Zifferblatt. Dank ihm musste sich nicht eine zweite Person bäuchlings auf den Boden legen, um das Gewicht ablesen zu können, sondern man konnte bequem von oben herab schauen.

„Waagen“ sie es auch und kommen Sie vorbei. Das Weihnachtsfenster wird am 6. Dezember um 18 Uhr geöffnet und bleibt bis am 6. Januar beleuchtet.

Bildlegende:
Oben Links: Eine filigrane Briefwaage
Oben Mitte: Eine stabile Personenwaage
Oben Rechts: Hübsch verzierte Küchenwaage
Unten Links: diverse Waagen Regal 1
Unten Rechts: diverse Waagen Regal 2
Diverse Waagen im Bauernhaus-Museum