Renaturierung Riedmattbach

30. August 2021

Seit Langem scheint wieder einmal die Sonne, ein leichter Wind lässt die Blätter der Büsche und Bäume rascheln und das Wasser des Riedmattbachs plätschert hörbar über Äste, Kies und Steine. Mal fliesst es schneller an lehmigen Ufern vorbei, manchmal muss das Wasser seinen Weg um Felsblöcke und Wurzelstöcke herum finden oder breitet sich in kleinen Becken aus, wo die Fliessgeschwindigkeit verlangsamt wird.

Noch vor einigen Monaten sah das Bächlein oberhalb der Gärtnerei Dobler ganz anders aus. Wie unzählige andere Gewässer war auch dieses zu Gunsten der Landwirtschaft schon vor Jahrzehnten begradigt und mit vermauerten Steinen eingefasst worden. Mit der Konsequenz, dass nicht nur die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren in der Gewässerrinne fast nicht vorhanden war, sondern dass durch die ausgemauerten, steilen Kanalwände ein Teil der hineinfallenden Kleintiere im Kanal gefangen waren.

Der Kanal ist in den letzten Jahren langsam verfallen und Hochwasserereignisse haben teilweise den angrenzenden Weg beschädigt. Die notwendige Erneuerung der Einfassung bot die Chance, dem Bachlauf wieder einen natürlichen Verlauf zu geben und die Situation auch in Bezug auf die Natur zu verbessern. Das Liestaler Ingenieurbüro Götz entwarf einen Plan, wie man einen Teil des Bachlaufs sinnvoll renaturieren könnte und Anfang des laufenden Jahres setzten drei Gemeindemitarbeiter das Projekt schliesslich um.

Nach rund zwei Monaten Bauzeit war es dann letzten Frühling soweit, dass ungefähr 250 Meter des Bächleins von der steinernen Einfassung befreit waren. Stattdessen läuft das Wasser jetzt über ganz unterschiedlichen Untergrund und schwemmt auch selbst mal an einem Ort eine Kuhle aus, um an einem anderen eine kleine Kiesbank aufzuhäufen. Diese Dynamik ist gewollt und für das vielfältige Leben im Bach sehr wertvoll. Man greift nur ein, wenn es nötig wird, etwa, weil zu viel Schwemmgut droht, den Bachlauf zu verstopfen oder ein Hochwasser zu viel vom Ufer abträgt. Das ist aber kaum mehr der Fall. Strategisch gepflanzte Büsche und zusammengebundene Weidenbündel, die mit grossen Holznägeln in der Böschung verankert wurden, halten mit ihren Wurzeln den Untergrund zusammen.

Das neue Riedmattbächlein mit seinen unterschiedlichen Strukturen und flachen Uferabschnitten ist jetzt ein geeigneter Lebensraum für verschiedene Tierarten wie etwa den Feuersalamander, Köcherfliegen, Steinfliegen und Libellen. Und auch an seinen Ufern fühlen sich viele Tiere offenbar wohl. Auch in einem neu angelegten Weiher sollen sich Lebewesen ansiedeln können. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Spaziergänger hier Rücksicht nehmen und den Teich und seine Bewohner vom Rand aus beobachten. Denn sowohl Menschen als auch Hunde im Wasser können das Leben im Teich stören.

Das Werkhof-Team, das immer gerne bei solch wertvollen Aufwertungsprojekten dabei ist und später auch für die Pflege und den Unterhalt des Bachlaufs und teilweise der Böschungen verantwortlich sein wird, hat mit einem Teil der alten Bachverbauung Steinhaufen angelegt sowie aus den gefällten Bäumen mehrere grosse Haufen aufgeschichtet und befestigt – als Unterschlupf unter anderem für Wiesel, Hermelin und Fuchs. Mit Erfolg: Nur zwei Wochen nach der Fertigstellung wurde unter dem Holz ein weisses Hermelin gesichtet.

Aber auch die pragmatischen Ziele sind erreicht worden. Trotz des anhaltenden Regens hielten die neuen Strukturen dem Wasser Stand. Durch die Verbreiterung des Bachlaufs steigt das Wasser nicht mehr so schnell in die Höhe. Und wenn das Riedmattbächlein an einer Stelle dann doch einmal über seine Ufer tritt, leiten Rinnen am Wegrand es wieder zurück in den Bachlauf.
 

Interview Doris Rutishauser:

War es von Beginn an unumstritten, dass das Bächlein renaturiert werden soll?
Die Idee entstand aus der Arbeitsgruppe Hochwasser, welche die Hochwasserereignisse von 2016 analysierte und Massnahmen zur Verbesserung des Wasserabflusses bei Starkregenereignissen erarbeitete bzw schon bestehenden Plänen erhöhte Priorität einräumte. Neben der Vergrösserung der Abflusskapazität und der Realisierung des Einlaufbauwerks des Dorfbachs gehörte dazu eben auch die Renaturierung des oberen Flusslaufs. Die Idee wurde von der Abteilung Umwelt aufgenommen und mit den Anliegen für mehr Biodiversität und naturnaher Gestaltung des Bächleins verbunden, so dass eine Win-win-Situation entstand. Deshalb war auch die Finanzierung unbestritten.

Welche Bedeutung hat die Renaturierung?
Mit dem Renaturierungsprojekt wurde ein weiteres kleines Puzzleteil realisiert, welches das Umdenken in Bezug auf unsere Gewässer in die Praxis umsetzt: im letzten Jahrhundert wurden unzählige grosse und kleine Bäche in der ganzen Schweiz begradigt oder sogar eingedolt – so 1911 auch der Dorfbach in Muttenz.

Mit der Renaturierung werden die Massnahmen von damals, welche in jener Zeit sinnvoll erschienen, zum Teil rückgängig gemacht und den heutigen Bedürfnissen von Mensch und Natur angepasst.

Das Projekt des Riedmattbaches ist insbesondere für Flora und Fauna eine sehr wertvolle Verbesserung und für Naherholungssuchende eine grosse Bereicherung.

Was ist bei dem Projekt besonders gelungen?
Das Resultat darf sich sehen lassen. Einerseits hatte die Gemeinde mit dem Ingenieurbüro Götz einen hochkompetenten Partner, welcher flexibel auf die Wünsche der Gemeindeverwaltung einging. Anderseits hat der regnerische Sommer bereits gezeigt, dass der renaturierte Dorfbach leben kann und sich ständig verändert. Durch die langsamere Fliessgeschwindigkeit und die erhöhte Kapazität trägt er auch seinen Teil zum Hochwasserschutz bei.

Allen involvierten Mitarbeitenden der Gemeinde, insbesondere der Abteilung Umwelt und Betriebe, danke ich herzlich für die hervorragende Arbeit.

Riedmattbach vor und nach der Renaturierung
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