Die Jugendarbeit auf Tour: "Anfangs hielten sie uns für Zivilpolizisten und rannten weg"

21. Juni 2021
Der Sommer ist ihre Hochsaison – das Zweierteam der mobilen Jugendarbeit Muttenz

Sie sind zweimal pro Woche in Muttenz unterwegs. Auf dem Velo, manchmal nachmittags, meistens aber am Abend. Sabrina Fleury und Greg Wallnöfer arbeiten im Team von Jugendhausleiter Andreas Kocher. Je 20 Prozent ihrer Pensen findet als aufsuchende mobile Jugendarbeit im Freien statt.

Früher hiess diese Tätigkeit Streetwork und wurde zwischen 2010 und 2016 von einer externen Mitarbeiterin übernommen. Andreas Kocher hätte das Angebot danach gerne weitergeführt. Doch obwohl 20 Stellenprozent gesprochen wurden, war die Umsetzung nicht möglich. Denn in dieser Zeit verdoppelte sich die Besucherzahl im Jugendhaus, so dass dort jede Hand gebraucht wurde. 2019, als sich Anwohnerinnen und Anwohner über Jugendliche beim Holderstüdeli beschwerten, erinnerte man sich wieder an die Möglichkeit der Jugendarbeit vor Ort. Und nahm die Probleme im Park zum Anlass, die Wirkung der mobilen Einsätze zu testen. Für Mai bis Oktober kaufte die Gemeinde in jenem Jahr deshalb eine entsprechende Leistung beim Jugendsozialwerk ein. "Doch danach war die Sache wieder vom Tisch", sagt Kocher.

Seit vergangenem Januar sind in Muttenz mit Fleury und Wallnöfer wieder Jugendarbeitende auf Tour. Mit bisher guten Erfahrungen. "Anfangs hielten uns zwar viele für Zivilpolizisten und rannten bei unserem Erscheinen weg", sagt Fleury. "Aber seit wir angeschrieben sind, läuft es gut." Die Jugendlichen, meist im Alter von 16 bis 25 Jahren, akzeptieren die beiden Erwachsenen, die regelmässig an ihren Treffpunkten auftauchen. Zum Reden, für Ratschläge oder als Hilfe bei Problemen. Eine Art lockere Polizeipatrouille sind sie hingegen nicht. "Wir handeln anwaltschaftlich für die Jugendlichen", sagt Wallnöfer. Würde das Team des Jugendhauses autoritär auftreten, hätte man das Vertrauen der Jungen im Nu verspielt, sagt Kocher. Ihm ist wichtig, dass hier keine Verwechslung stattfindet: "Für Probleme mit Lärm oder Littering ist die Abteilung Sicherheit zuständig, das sind nicht wir." Als Vertrauenspersonen stehen Fleury und Wallnöfer denn auch unter Schweigepflicht.

Dennoch hilft das Team mit, Konflikte zu vermeiden. "Wir klären darüber auf, wie man sich im öffentlichen Raum angemessen verhalten kann, damit es eben nicht mit Beschwerden und irgendwann mit Verboten endet", sagt Fleury. "Und wir sind auch offen dafür, dass Anwohnerinnen und Anwohner uns ansprechen, wenn es irgendwo Probleme gibt. Da könnten wir beraten und vermitteln." Jetzt im Sommer, wenn die Saison im Freien so richtig los geht, planen sie auch Animationen im Freien. Dann packen sie Spiele ins Kistenvelo und fahren los in Richtung Grünanlagen. "Aufzeigen, was man ohne Handy machen kann, auch das ist Jugendarbeit", sagt Kocher.

Die nächsten Monate werden wohl die Feuerprobe für das Team. Denn das Angebot ist nur zeitlich begrenzt bewilligt worden. Im Dezember läuft die Finanzierung aus. Kocher hofft, dass die Aussenarbeit danach nicht nur verlängert, sondern fest installiert wird. Für eine Jugendarbeit, die nicht nur auf die Jugendlichen wartet, sondern auch auf sie zugeht.


Darum setzt Gemeinderat Thomas Schaub auf die mobile Jugendarbeit:

Muttenz hat ein gut besuchtes Jugendhaus. Weshalb soll das Team nun auch noch aufsuchend unterwegs sein?
Die mobile Jugendarbeit stellt eine wertvolle, ergänzende Tätigkeit dar, die durch das Team um Andreas Kocher im Auftrag der Gemeinde Muttenz erbracht wird. Als Basis finden sich kantonale wie eidgenössische Gesetzgebungen zu Gunsten unserer Kinder und Jugendlichen. Durch die "Aussenarbeit" können z.B. Jugendliche und junge Erwachsene im öffentlichen Raum erreicht werden, welche z.B. das Jugendhaus nicht besuchen.

Wie viel kostet ein solches Angebot und wie wird es finanziert?
Da die mobile Jugendarbeit durch die Mitarbeitenden des Jugendhauses erbracht wird, finanziert es sich durch die Löhne, welche wir im Budget der Gemeinde Muttenz unter Position 3421 ordentlich budgetiert haben. Zusätzliche Kosten fallen in diesem Bereich mit Ausnahme entsprechender Kleider mit Beschriftung nicht an.

Wie kann man Ende Jahr sehen, ob sich der Einsatz im 2021 gelohnt hat?
Der Gesamt-Gemeinderat erhält monatlich einen Bericht über die erfolgten Einsätze, die Begegnungen und die Erkenntnisse und Erfahrungen, welche gemacht wurden. Natürlich lässt sich der Erfolg der mobilen Jugendarbeit schwer messen und auch die Experten tun sich schwer, sich auf Erfolgskriterien zu einigen. Fakt ist aber, dass durch die mobile Jugendarbeit die Verbindung unseres Teams zu den Jugendlichen und jungen Erwachsenen gestärkt wird und dadurch wertvolle Begleitungen und Betreuungen möglich sind, welche der kommenden Generation zusätzliche Zukunftsperspektiven gibt. Von der positiven Wirkung bin ich persönlich absolut überzeugt. Bezüglich Littering und Lärmbelästigung von Nachbarn kann präventiv viel erreicht werden, indem Jugendliche durch Gespräche für diese Themen sensibilisiert werden.

Streetworker bei der Arbeit
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