Hinter den Kulissen der Museen Muttenz: Fotorestaurierung heute

27. Januar 2013
von Barbara Rebmann
Vor mehreren Jahren durfte die Arbeitsgruppe Museen (AGM) eine postergrosse Luftaufnahme vom Bahnhofquartier Muttenz (siehe Dokumente unten) aus den späten 1920er-Jahren entgegennehmen. Diese auf dünnem Karton aufgezogene, grossformatige Fotografie hatte viele Jahrzehnte unbeachtet auf einem Estrich gelegen. Leider hatte sie durch das jahrelange Aufbewahren als Rolle mehrere Bruchstellen und Risse, die Oberfläche war stark zerkratzt und die Ränder brüchig ausgefranst.

Da wir keine vergleichbare Aufnahme dieses Quartiers hatten, war das Geschenk eigentlich hoch willkommen, aber mit diesen Schadstellen kaum brauchbar. Als für die Fotosammlung Verantwortliche suchte ich Rat bei Foto- und Papierrestaurator/innen, um das historische Original restaurieren zu lassen. Mehrere Fachleute sahen sich das Objekt an und nannten vorsichtig Richtpreise. Die Restaurierungskosten liessen sich nicht genau berechnen, weil der benötigte Arbeits- und Zeitaufwand nicht genau vorher gesagt werden konnte. Doch waren die genannten Minimalkosten bereits so hoch, dass sie das halbe Jahresbudget für die Museumsarbeit beansprucht hätten. So musste auf eine Instandstellung der Fotografie verzichtet werden.

Da kam mir einige Zeit später, mit einer ähnlich brüchigen Bildvorlage, am Arbeitsplatz die rettende Idee die Foto "digital restaurieren" zu lassen. Die Firma Mikrografie, eine Institution des Bürgerspitals Basel, scannte mit einem speziellen Scanner die Vorlage. Dieser Riesenscanner kann Formate bis zu Plakatgrösse abtasten. Für einen geringen Betrag war dieser Arbeitsschritt in wenigen Minuten erledigt. Eine Mitarbeiterin überarbeitete dann am Bildschirm die Scans mit einem Fotobearbeitungsprogramm. Der Scan wurde vergrössert, sorgfältig entlang der verschiedenen Risslinien „digital ausgeschnitten“ und dann wieder zu einem Bild zusammengesetzt. Die dabei verbleibenden weissen Linien und Lücken wurden leicht retuschiert. Während man früher mit dem Pinsel eine passend eingefärbte Eiweiss-Lasur direkt auf die Fotografie malte, wird heute am Bildschirm die Farbe knapp neben dem Riss mit einem „virtuellen Pinsel“ kopiert und auf die Flickstelle übertragen. Das Resultat lässt sich sehen: ohne den Bildinhalt zu verfälschen sind Kratzer und Risse am Bildschirm kaum mehr erkennbar. Sogar auf dem Ausdruck in Originalgrösse sind die einstigen Mängel weitestgehend verschwunden. Die Bildinformation der Fotografie ist gerettet und die unliebsamen Spuren der Zeit sind mehrheitlich beseitigt. Zu unserer grossen Freude kostete dieses Unternehmen nur noch einen Bruchteil der von den Restaurator/innen eingeholten Richtofferten.

Die nicht genannt sein wollende Donatorin war vom Endresultat so begeistert, dass sie spontan die Kosten für diese „digitale Restaurierung“ übernahm. Die AGM dankt ihr an dieser Stelle ganz herzlich für die überaus grosszügige Geste.

Ein grossformatiger Ausdruck der restaurierten Fotografie wird ab Januar im Ortsmuseum zu sehen sein.
Bahnhof- und Industriequartier vor 1930,  André Petitpierre am grossen Durchlauf-Scanner, Jacki Aberlin am retuschieren vor dem Bildschirm.
1. Bahnhof- & Industriequartier vor 1930 - 2. André Petitpierre am Durchlauf-Scanner - 3. Jacki Aberlin setzte Scans am Bildschirm zusammen u. retuschiert

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